02.11.2025, 13.00 Uhr · Kulturzentrum mon ami · Podium
Wir schafften das. Zur Integration der Vertriebenen in Ost- und Westdeutschland
Nach 1945 kamen über 12 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene aus den Ostgebieten des deutschen Reichs und den Siedlungsgebieten deutscher Minderheiten in Osteuropa in Deutschland an. Rund acht Millionen Vertriebene waren 1950 in der Bundesrepublik registriert, rund 4 Millionen Vertriebene in der DDR. In Thüringen stellten Flüchtlinge und Vertriebene 1946 mit 571.000 Personen rund 20 % der Gesamtbevölkerung!
Die Suche nach Wohnraum, Arbeit, Nahrung und Familienangehörigen sowie die reservierte Haltung der einheimischen Bevölkerung prägten die ersten Jahre nach der Ankunft. Viele empfanden die neue Heimat als »kalte Heimat« (Andreas Kossert). Während in der Bundesrepublik Flüchtlinge und Vertriebene nach schwierigen Anfangsjahren Unterstützung erfuhren, sich in Landsmannschaften organisierten und selbstbestimmt agieren konnten, sollte in der DDR die Erinnerung an Flucht und Vertreibung vermieden werden. Sogenannte »Umsiedler« wurden nach anfänglicher Unterstützung nicht als besondere Bevölkerungsgruppe behandelt, waren stärker zur Anpassung gezwungen und assimilierten sich insbesondere durch Arbeit in der Landwirtschaft, Industrie und Verwaltung der DDR. Wie gelang die Integration der Vertriebenen in Ost- und Westdeutschland? Wie erinnern wir heute an ihre Ankunft nach 1945? Welche Spuren hinterlassen diese Geschichten bis heute – auch in Familien und privaten Erinnerungen? Wir laden zum Gespräch darüber…
Gäste:
- Dr. Uta Bretschneider ist Direktorin des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig und hat ausführlich zum Umgang mit Vertriebenen in der DDR und besonders in Thüringen geforscht. Ihr besonderes Interesse gilt dabei auch den Spuren, die dieser Umgang in öffentlicher und familiärer Erinnerung hinterlassen hat.
- Dr. David Skrabania ist Direktor des Oberschlesischen Landesmuseums im nordrheinwestfälischen Ratingen – in einiger Entfernung also zum ehemaligen Oberschlesien. Er selbst ist 1981 in Tarnowitz/Tarnowskie Góry in Polen geboren und siedelte 1988 mit seiner Familie als Aussiedler in die Bundesrepublik über. In seiner Forschung hat er sich umfangreich mit der deutsch-polnischen Migrationsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert beschäftigt.
- Alexander Weidle, M.Ed. ist Mitarbeiter für Wissenschaftskommunikation und wissenschaftliche Redaktion am Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) in Leipzig. Für sein Dissertationsprojekt zur Geschichte der Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen führte er zahlreiche Oral-History-Interviews in Ost- und Westdeutschland zu Erfahrungen und Erinnerungen von Heimatverlust und Neubeheimatung.
Moderation:
- Dr. Daniel Hadwiger ist Kurator im Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin. In Planung ist eine Sonderausstellung für 2027, die sich der Ankunft von Flüchtlingen und Vertriebenen nach 1945 widmet. Von besonderem Interesse ist der unterschiedliche Umgang mit Flucht und Vertreibung in der Bundesrepublik und der DDR.
In Kooperation mit dem Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung.