2014

Umbrüche

In der Geschichte gibt es Momente, die eine Zäsur bilden. Was auch immer in diesen Augenblicken geschieht, die Welt ist nach ihnen eine andere, als sie es zuvor war. Im Gegensatz zu langsamen, schleichenden Veränderungen in der Ordnung der Welt und dem Denken der Menschen ist den zeitgenössischen Beobachtern und Akteuren klar, dass sie sich an einer Wasserscheide der Geschichte befinden, dass das »Alte« unwiederbringlich verloren ist und etwas »Neues« kommen wird.

Die »Welt von gestern« (Stefan Zweig) ist dahin, aber die »kommenden Dinge« (Walther Rathenau) lassen sich zunächst nur erahnen. Denn was genau dieses Neue ist, ist in jenen Momenten offen, sodass sich historische Umbrüche den an ihnen teilhabenden Menschen nicht nur als Momente der Hoffnung und Zuversicht, sondern auch als Phasen der Unsicherheit und Furcht darstellen können. Auch das Alte kann je nach Sichtweise als glücklicherweise überwunden oder auch als bedauernswerterweise auf immer verloren betrachtet werden.

Worin genau die Qualität eines historischen Umbruchs besteht, kann daher auch immer erst in der Rückschau festgestellt werden. Was genau ging mit ihm verloren, was endete? Wie lange dauerte der Umbruch und was waren wichtige Wegmarken, nach denen es kein Zurück mehr gab? Was war das spezifisch Neue, das er etablierte? Diese und andere Fragen können oft erst Jahre oder Jahrzehnte nach den Umbrüchen beantwortet oder wenigstens sinnvoll diskutiert werden, weil sich erst dann zeigt, was genau in jenen Augenblicken geschah. Das Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte nutzte 2014 die Gelegenheit, auf ausgewählte historische Umbrüche zu blicken.