2013

Geschichtsfestmahl

Der Mensch ist, was er isst. (Ludwig Feuerbach)

Das »Rendez-vous mit der Geschichte« beschäftigte sich in seinem kleinen 5. Jubiläumsjahr vom 15. bis zum 17. November 2013 mit der Kulturgeschichte des Essens und der Geschichte der Ernährung

Die historischen Fragen der Ernährung und die Kulturgeschichte des Essens in all ihren Facetten standen im Mittelpunkt von Weimars 5. Geschichtsfestival. Was heute auf unseren Tellern liegt, was wir im Super- oder auf dem Wochenmarkt einkaufen oder im Restaurant bestellen, ist das vorläufige Resultat einer unendlich verflochtenen kultur-, sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Entwicklung. Auf diese geradezu global- und universalgeschichtliche, genauso aber regionalgeschichtliche und europäische Spurensuche ging das Weimarer Rendez-vous. Dabei wurde außerdem klar, dass Zeiten des Überflusses und der lukullischen Vielfalt nicht selbstverständlich sind. Hunger, Mangel, Entbehrung bilden wohl die eindrücklichsten historischen Erfahrungen. Und zwar nicht nur aufgrund von Missernten, Naturkatastrophen oder als Begleiterscheinungen der Globalisierung, sondern auch als Folge oder gar Instrumente von Krieg und Konflikt. Das Essen ist politisch, und zwar nicht nur im Krieg, sondern auch in der Agrar- und Ernährungspolitik, in Brotrevolten oder auf Staatsdiners.

Essen und Trinken sind also immer mehr als die bloße Ernährung und Erhaltung des Körpers. Sie sind eine Kultur und damit so geschichtlich wie kaum ein anderes Thema – außer vielleicht der Religion, die aber gerade in ihrer Entstehung aufs Engste mit der Ernährung verknüpft ist. Und auch heute noch kennt fast jede Religion Gebote und Verbote des Essens. Und den bewussten Verzicht aufs Essen, der im Fasten ursprünglich religiös motiviert ist, heute aber auch politisch (Hungerstreik) oder körperlich-ästhetisch (Diät & Magersucht) begründet sein kann. Essen dient schließlich der Identitäts- und Gemeinschaftsbildung, manchmal auch der Abgrenzung, besser aber dem Austausch und der Offenheit zwischen den Kulturen. Die Esskultur einer Region oder eines Landes spiegelt nicht nur seine Eigenheit, sondern auch seine Migrations- und Integrationsgeschichte wider.

Drei Tage lang wurde dieses »Geschichtsfestmahl« in Form von Podien, Vorträgen und einem kulinarisch-kulturellen Begleitprogramm angerichtet. Wo, wenn nicht im Weimarer Dreieck mit seinen drei großen europäischen Esskulturen, könnte man besser über diese Fragen nachdenken und diskutieren?