2023

Tempo, Tempo!

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Zeit und Zeitwahrnehmung in der Geschichte

Liebe Gäste,

höher, schneller, weiter scheint seit dem Beginn der Moderne das Motto fast aller technologischen, sozialen, politischen und kulturellen Entwicklungen zu sein. Auch heute spüren wir dies überall. Sei es in der Kommunikation, in der wir jederzeit erreichbar sind oder wenn täglich eine Eilmeldung die andere aus dem Ticker drängt. Sei es in der Arbeitswelt oder beim Transport von Waren, wo jede Minute zählt und die Internetbestellung von heute am liebsten schon gestern da sein soll. Sei es in der Politik, wo das schnellste Statement den Ton einer Debatte setzt. Das mit einer solchen Verdichtung der Zeit oftmals einhergehende Gefühl der Ermüdung ist jedoch nicht neu. Immer wieder fühlten sich Menschen von der Geschwindigkeit der Geschichte überfordert, während andere sich von ihr treiben oder gar antreiben ließen.

Die Wahrnehmung, dass sich das gesellschaftliche Tempo immer weiter steigert, ist allerdings relativ neu und eng mit der Moderne verknüpft. Zuvor waren vor allem Zeitvorstellungen zentral, die stärker an den Rhythmen der Natur oder an religiösen Elementen orientiert waren. Sie standen daher auch stärker für die Stabilität einer Gesellschaftsordnung, nicht so sehr für ihre dynamische Entwicklung.

Mit solchen und weiteren Phänomenen der Zeit und Zeitwahrnehmung möchte sich das diesjährige Geschichtsfestival genauer beschäftigen. Wir widmen uns damit sozusagen dem Stoff, aus dem die Geschichte gemacht ist. Denn was ist sie anderes als erzählte Zeit? Klar wird dabei auch: Nicht nur in der Physik, sondern auch in der Geschichte ist die Zeit relativ. So klar und deutlich man sie in Jahre, Monate und Tage einteilen kann: Geschichte ist viel mehr als deren Abfolge. Mal scheinen sich die Ereignisse geradezu zu überstürzen, mal dehnt sich auch historische Zeit wie Kaugummi. Und vor allem haben alle »Zeitgenossen« einer Region und einer Epoche sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, was Zeit ist und wie und wohin sie für sie läuft.
Nehmen Sie sich mit uns und den geladenen WissenschaftlerInnen die Zeit, der Zeit in der Geschichte auf den Grund zu gehen.

Dr. Andreas Braune,
wissenschaftlicher Leiter des Festivals