04.11.2023, 16.00 Uhr · Notenbank Weimar · Podium
Wer zähmte die Zeit? Zur Geschichte unseres Umgangs mit Zeit
Fast alle Vorgänge des heutigen Lebens richten sich an präzisen Uhrzeiten, an getakteten Fahrplänen, an Arbeitszeiten und einer Logistik aus, die auf ein rasantes Tempo und eine Lieferung »just in time« ausgerichtet ist. Warten zu müssen, gilt als eine Zumutung, »vertane« Zeit als ein Ärgernis. Zugleich wünschen sich alle »mehr Zeit«. Diese paradoxe Spannung unseres Lebensalltags ist von den beiden Historikerinnen Caroline Rothauge und Sina Steglich neu ausgeleuchtet worden. Im Gespräch mit ihnen wird deutlich, dass um den »richtigen« Umgang mit Zeit stets gerungen wurde.
Ein Blick zurück ins 19. und 20. Jahrhundert offenbart eine Vielfalt an Vorstellungen und Umgangsformen mit Zeit. Ob Sonnen- oder Eisenbahnzeiten, Welt- oder Zonenzeit, institutionalisierte oder flexible Arbeitszeiten, Pünktlichkeit oder Schlendrian, Beschleunigung oder Muße: »Zeit« machte sich in allen Bereichen des Lebens – teils widersprüchlich – bemerkbar und war ein Gegenstand fortgesetzter Auseinandersetzungen. Die historische Rückschau auf diesen vielfältigen Umgang mit dem Faktor Zeit trägt dazu bei, einige der Selbstverständlichkeiten unseres alltäglichen Umgangs mit dieser scheinbar so objektiven, unbarmherzigen und digital getakteten Kategorie zu unterlaufen. Mit Ihnen diskutieren:
- PD Dr. Caroline Rothauge, deren Buch »Zeiten in Deutschland 1879–1919. Konzepte, Kodizes, Konflikte« im November 2023 erscheint. Sie lehrt Neuere und Neueste Geschichte in Eichstätt und Hamburg.
- Dr. Sina Steglich, die in ihrem Buch »Zeitort Archiv. Etablierung und Vermittlung geschichtlicher Zeitlichkeit im 19. Jahrhundert« (2020) die Zeit als historische Kategorie untersucht. Sie lehrt Neuere und Neueste Geschichte in München.
Moderation: Prof. Dr. Dirk van Laak, Professor für Geschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts in Leipzig